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Die Geschichte des "Blauen Schlosses"

Stück für Stück wurde das Areal des Schlossgeländes in den letzten Jahren saniert und so der Bevölkerung zurückgegeben. Die Einwohner Tannrodas stehen in enger Verbundenheit mit "ihrem" Schloss.

Während das Korbmachermuseum im Laubenganggebäude und der sanierte, mit einem Kupferdach behelmte Bergfried zumindest während der schönen Jahreszeiten im Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen, fristet das wichtigste Gebäude, das sogenannte Blaue Schloss, ein Schattendasein . Um potenziellen Schatzgräbern das Handwerk von vornherein zu legen und die barocken Fußböden mit eingelegten Stemmmotiven, ebenso wie eine aus dem 18. Jahrhundert stammende Stuckdecke zu schützen, wurden die Fenster zum Leidwesen aller mit Ziegeln zugemauert.
Seit der Eingemeindung Tannrodas im Jahre 1994 sucht nun Bad Berka als Eigentümerin einen potenten Investor, der die alte Burganlage mit Geld und Sachverstand aus ihrem Dornröschenschlaf weckt.

Alles überagend beherscht der rund 22m hohe mit einem quadratischen Sockel versehene Bergfried das ganze Schloßarreal. Historiker datieren den Bau in das 12./l 3. Jahrhundert. Das großformatiges Quadermauerwerk ordnet den Turm der Romanik zu. Er diente den Herren von Tannroda, die die alte Burganlage vermutlich errichteten, als Beobachtungs- und als Rückzugsmöglichkeit bei kriegerischen Konflikten der damaligen Zeit.
Der Eingang des Turms lag in einer Höhe von 4m und nur mittels Leitern zu erreichen, die sofort ins Innere des Turm gezogen wurden. Ein uneinnehmbares Verteidigungsbollwerk, das jedweder Belagerung standhalten würde. Die Burg, die 1392 an die Herren von Querfurt und 1418 an die von Vitzhtum ging, schien uneinnehmbar. Bis 1465 jedenfalls. Den da standen die Erfurtern gemeinsam mit Herzog Wilhelm von Weimar vor der Tür. Sie zogen gegen die äußerst brutale Unterdrückung der Landbevölkerung durch die Vitzhtums zu Felde und ihnen gelang die Eroberung und anschließende Zerstörung.

Da war aber Apel von Vitzthum, der schon 1449 einen Belagerungsversuch durch das Niederbrennen der Stadt Erfurt zuvorgekommen war, bereits geflohen. Den endgültigen Verzicht auf das Schloß erklärten die von Vitzthum allerdings erst 1485.

In den Jahren von 1465 bis 1487 war die Burg - immernoch eine Ruine - im Besitz der Grafen Karl und Ludwig von Gleichen-Blankenhain, dann hatten die Ritter von Bünau das Zepter in der Hand. 1597 - nach mehreren weiteren Besitzerwechseln - nehmen die Herren von Bünau die Herren von Gleichen als Mitbesitzer auf. Da nun, die Besitzverhältnisse für einen langen Zeitraum geklärt schienen, wuchs die ausgedehnt angelegte Burg wieder neu empor.

Auf den alten Fundamenten und unter Einbeziehung von Mauerresten entstand - nach Norden zu - das Blaue Schloss. Charakteristisch für diesen Renaissancebau ist die massive Natursteinmauer zur Ilm und die leichte Fachwerkwand zum Hof hin. Zwei Stockwerke hoch, von einem mit Schiefer gedeckten Kehlbalkendach bekrönt, trägt der Bau auch deutliche Züge des Barock - Zeugnis mehrerer Umbauphasen. Vor allem, nach einem Blitzeinschlag in den Turm anno 1775 "Dienstag nach Feste der Heiligen Dreifaltigkeit".

Bei "großem Ungewitter" entzündete der Blitzstrahl "die Haube des Schlossturmes, er brannte dann durch fünf Böden bis auf den Grund aus". Dem Chronisten R. Vogel (1910) zufolge wurde der Turm 1800 wieder aufgebaut, jedoch ohne Haube.
Für das ebenfalls vom Feuer in Mitleidenschaft gezogene Blaue Schloss wurde sogar ein "Bau-Reparatur-Vorschlag" erstellt, der unter anderem vorsah, Fenster und Fußböden zu reparieren und Türen zu streichen.

Das an den Bergfried angelehnte Rote Schloss, dessen Name dem beim Bau verwendeten roten Dachziegeln geschuldet ist, wurde hingegen durch den verheerenden Brand derart zerstört, dass an eine Reparatur nicht mehr zudenken war. Der Bau, in etwa zur gleichen Zeit wie das Blaue Schloss entstanden, soll durch den Blitzeinschlag nahezu vollständig vernichtet worden sein.
Vom Wohnturm, der als Wohnsitz und Wehrbau diente, blieben nur Reste der Bruchsteinmauem. Das Rote Schloss wurde 1824 abgerissen, seine Steine für den Neubau der neuen St. Michaelis-Kirche verwendet.

Da die von Bünau ohne Erben blieben, ging 1680 ihr gesamter Besitz an die Landesherrschaft, das Haus Sachsen-Weimar. Diese verkauften das Gut drei Jahre später an den Jägermeister Christoff Friedrich Thangel aus Thangelstedt. Der musste allerdings der Bünauschen Witwe nach langwierigem Streit nicht nur die weitere Nutzung der Wohnung sondern auch von Ställen und Kammern gestatten und konnte so das Gut nur wirtschaftlich, nicht aber zu Wohnen nutzen.

1776 einte die Landesherrschaft die bis dahin getrennten und nun ihr gehörenden Rittergüter und führte sie bis 1797 als Herzogliches Schatullgut weiter. Ob es der Blick über das Ilmtal war, der sich vom Burggelände aus eröffnet, oder vielmehr das in ihren Augen Gewinn bringende Objekt, das 1797 die Frau von Egloffstein zum Kauf des Gutes für 100 000 Taler veranlasste, ist nicht überliefert.

Frau von Egloffstein, die das Gut gemeinsam mit ihren Söhnen von Herzog Karl August erwarb, bot unmittelbar nach dem Kauf den Bürgern an, ihre Fronpflicht abzulösen. Wie R. Vogel in seiner Stadtchronik von 1910 berichtete, gingen viele Bürger auf diese Offerte ein. Sämtliche Ländereien wurden in 20 Lose geteilt, auch der General von Egloffstein soll eines davon erworben haben. Kurze Zeit später aber gaben Tannrodaer Bürger - vermutlich auf Druck der Gutsherrschaft - ihre Lose zurück, so dass, nachdem die von Egloffstein das Vorwerk Kottendorf zurückgekauft hatten, "kaum noch sechseinhalb Lose in Bürgerhänden blieben". Vogels bitterer Kommentar dazu:

Wären Käufer und Gemeindevertretung nicht so zaghaft geblieben, hätte der Ort kein Rittergut und keinen Gutsbesitzer mehr. Dem Ratskollegium blieben so nur Verwaltungsbefugnisse, nicht aber die Gerichtsbarkeit. 1818 jedoch fiel das Gut, über dessen Baugeschichte in jener Zeit nur wenig überliefert ist, an die Großherzogliche Kammer: Frau von Egloffstein hatte sich bei Spekulationsgeschäften derart vergaloppiert, dass sie ihre Zahlungsunfähigkeit erklären musste. Aus dem ehemaligen Ritter- und späteren Schatullgut wurde ein Kammergut.

Bis schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts die Freiherren von Gleichen-Rußwurm ihren Anspruch auf Tannroda geltend machten. Auf "das Rittergut: das Schloss, Wohnhaus, Nebengebäude, Hof -innerer Hof, äußerer Hof, Thurn. Bienengarten. Garten. Plantage. Artland" etc. Wiederum ging es nicht allein um Besitz, wiederum ging es auch um Macht und Einfluss in und um Tannroda. Kein Ort der Weltgeschichte zwar, doch die im Schutz der Burg entstandene Siedlung blühte auf. Das Gut mit den beiden Vorwerken Kottendorf und Böttelbom umfasste insgesamt 289 Hektar.

Die Landesherrschaft widersetzte sich. Ließ sich auf einen langjährigen Prozess ein und musste sich schließlich einem Kompromiss beugen: Das Gut wurde, "wie es ging und stand samt 50 Ackern Holzboden" zum gemeinschaftlichen Besitz übergeben. Die Herren von Gleichen-Rußwunn übernahmen zugleich die "Geld- und Naturalleistungen an Pfarrei, Kirche und Schule" und übten bis 1872 auch die Patronatskraft über die Schule aus.

Dagegen behielten sie ihr Recht bei, der Obersten Kirchenbehörde den Ortsgeistlichen zu präsentieren, einen besonderen Patronatsstuhl in der Kirche zu haben und im Kirchgemeindevorstand durch einen bevollmächtigten Vertreter das Patronatsrecht auzuüben.
Von 1888 an hielt sich der Forstrat Alfred von Gleichen-Rußwurm als damaliger Gutsherr mit seiner Familie jedoch nur noch im Sommer einige Wochen in Tannroda auf.

Der Besitzerwechsel Mitte des 19. Jahrhunderts läutete umfangreiche Abriss- Umbau- und Neubaumaßnahmen auf dem Schlossgelände ein, bis die Gutsherrschaft im Juli 1910 abermals von einem Blitzeinschlag heimgesucht wurde. Der Blitz soll mehrere Decken und Wände zerschlagen, wertvolle Tapeten und Türbekleidungen zerfetzt und die Telefon- und elektrischen Leitungen zerstört haben.
1945 wurde die Familie von Gleichen-Rußwurm enteignet, die Burganlage Eigentum der Stadt. Sie nutzte u.a. das Schloss, um Flüchtlingsfamilien zu beherbergen, andere Gebäude als Kindergarten und auch als Jugendklub.

Der Bergfried, der seit Ende des 19. Jahrhunderts als Aussichtsturm genutzt wurde, wurde zwar Mitte der 70er Jahre saniert, musste aber später wegen baulicher Mängel gesperrt werden. Es folgten Notsicherungen der wegen unsachgemäßer Nutzung, Leerstand und mangelnder Bauunterhaltung heruntergkommenen Gebäude, Verkauf und Rückabwicklung und nach 1999 endlich Sanierungsmaßnahmen.
Neben dem heute als Gaststätte dienenden früheren Stall und dem inzwischen wiedereröffneten Bergfried ist einzig das Laubengang-gebäude einer Nutzung zugeführt worden:
Umsichtig und überaus engagiert setzte sich der 1996 gegründete Heimatverein mit Rosita Schwager als Vorsitzende für eine Sanierung und die Einrichtung eines Museums ein. Und auch dafür, dass wir heute noch die Geschichte des Schlosses kennen.